Roberts Unfall-Tagebuch

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17.02.17

Ein sehr schwerer Tag

Gestern wurde Robert aus der Frühreha in die Langzeitpflege nach Lüneburg, in das „Gut Wienebüttel“ verlegt. Hier gibt es zwar eine sehr gute Pflege, aber die Anzahl der Therapien ist erheblich niedriger. In der Frühreha hatte Robert, von Montag – Samstag, durchschnittlich 5 Therapien, hier werden es keine 5 pro Woche sein. Wir fühlten uns, als hätte man uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Plötzlich hieß es, er braucht nicht so viele Therapien, er kann diese nicht verarbeiten.

Wir sind keine Profis und haben uns gefragt, stimmt das, oder sagt man dies nur um uns zu beruhigen und um den Abbruch der Frühreha zu begründen? Aufgeben war für uns keine Option, deshalb haben wir auf unser Herz und auf unseren Bauch gehört, und haben begonnen, Robert selbst zu therapieren. Außerdem haben wir uns mit Informationen versorgt und regelrecht vollgestopft. Wir haben Kontakt zu Dr. Peter Frommelt, einem Arzt, welcher für seine Frührehabilitationsarbeiten mehrere Auszeichnungen bekommen hat, zur Hannelore-Kohl-Stiftung, welche uns zu Seminaren einlud, zu Behörden und zu anderen Betroffenen aufgenommen.

Am 16.03.17 waren wir bei Dr. Frommelt in Berlin und sind von dort aus nach Dresden, zu einem mehrtägigen Seminar der HKL-Stiftung gefahren. Alle Informationen die wir bekamen bestärkten uns, genau das Richtige zu tun. Nun waren wir darüber informiert, dass Robert viel zu früh aus der Frühreha entlassen wurde, da er nach der Richtlinie für Rehabilitation „BAR“, 6 Monate in der Frühreha hätte bleiben können. Wir schrieben das Krankenhaus an und wollten den Grund für die zu frühe Entlassung wissen. Eine sofortige Antwort konnte man uns nicht geben, da sich einige Ärzte im Urlaub befanden.

05.03.17

Ein Tag der Freude

Ein großer Vorteil in der Pflegeeinrichtung war, dass auch Roberts Hund zu ihm durfte und zu einem Teil der „Familientherapie“ wurde. Täglich haben wir (Roberts Frau, Roberts 2 Schwestern und wir) ihn, nach angeeignetem Wissen und nach „Herz & Bauch“, therapiert. Insbesondere Roberts Frau ist es zu verdanken, dass Robert am 08.03.17 zu Bewusstsein gekommen ist.

Durch einen genialen und selbst kreierten Trick, war es Roberts Frau am 16.03.17 gelungen, ihm die ersten Töne zu entlocken. Die Freude war groß, wurde aber sehr schnell von neuen Ängsten überschattet. Wird er sich erinnern? Weiß er wer er ist? Weiß er wer wir sind? Wird er wieder am Leben teilhaben können?

26.03.17

Eine rote Linie ist überschritten!

Robert kann sich zwar noch nicht an alles erinnern, aber er weiß wer er ist, er weiß wer wir sind, er kann noch lesen und rechnen und er fängt langsam an zu sprechen. Aufatmen, aber nicht Durchatmen, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir haben sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Robert zurück in die Frühreha zu bringen.

12.04.17

Frühreha reloaded

Zum 03.04.17, durch sehr viel Unterstützung der Ärzte des AK St. Georg und einer sehr schnellen Bewilligung der Krankenkasse, konnten wir die Rückverlegung in die Frühreha vornehmen. Mitte April konnte Robert von der Flüssignahrung getrennt und mit leichter Kost (Brei, weiches Brot, Schmierwurst), ernährt werden.

Da zu dieser Zeit noch Schluckstörungen auftraten und der Kostaufbau einige Zeit in Anspruch nimmt, wird die PEG (Magensonde) noch nicht entfernt. Auch in den anderen Therapien macht Robert gute Fortschritte. Das Loch der Trachealkanüle wurde zugenäht, da es bei Anstrengungen immer wieder aufging. Wie man auf späteren Bildern sehen wird, hat sich auch dieser Eingriff gelohnt.

Den frühen Abbruch des ersten Frührehaaufenthaltes haben wir nicht weiter verfolgt, da wir weder an der Tatsache etwas hätten ändern können, noch wäre Robert damit geholfen. Geholfen hat Robert die Wiederaufnahme und so wäre der Rest nur verschwendete Energie gewesen. Unsere Energie stecken wir lieber in die Zukunft, anstatt uns über die Vergangenheit zu ärgern.

17.05.17

Der Traum vom Laufen

Ein Abschiedsfoto mit seiner „Lieblingspflegerin“, welche ihm den Namen „Fressmaschine“ gab, da Roberts Appetit kein Kleiner war. Die Zeit der Frühreha ist vorüber und nun geht es in die weiterführende Reha, in der Robert das Laufen wieder lernen will. Für das was die Ärzte, Therapeuten und Pfleger in der zweiten Frührehaphase für Robert getan haben, wollen wir uns hier noch einmal öffentlich bedanken.

17.05.17

Eine neue Etappe beginnt

Der Transport im Liegen soll auch bald der Vergangenheit angehören, denn ab jetzt ist den ganzen Tag Therapie. Die eigentlichen Therapien, bis zu 6 pro Tag (außer am Wochenende) bekommt Robert in der Zeit von 7 – 16 Uhr, danach üben wir noch mit ihm und dazwischen verbringt er seine Zeit mit Gleichaltrigen, was durchaus als Therapie anzusehen ist, da er sich bei den Unterhaltungen geistig und körperlich anstrengen muss. Robert sollte schon viel früher in die weiterführende Rehaphase, aber die Krankenkasse wollte ihn in eine ihrer Vertragskliniken bringen, womit wir nicht einverstanden waren.

Die vorgeschlagenen Kliniken waren einerseits zu weit weg und die Familie hätte Robert nicht mehr so engmaschig begleiten können, andererseits waren es Kliniken mit überwiegend älteren Betroffenen, mit denen Robert hätte keine fördernde Kommunikation führen können. Wir konnten zwar verstehen, dass die Kasse die teurere Reha nicht übernehmen wollte, aber uns war Roberts Genesung wichtiger als die Jahresbilanz der Krankenkasse.

Mit Hilfe des „Arbeitskreises Gesundheit“, konnten wir die Kasse doch noch von unserer Wunschklinik (zum Schutze Roberts werden wir den Namen der Klinik erst später benennen), die für alle Familienmitglieder gut zu erreichen ist und in der überwiegend junge Betroffene rehabilitiert werden, überzeugen. An dieser Stelle noch einmal einen ganz großen Dank an die Ärzte des AK St. Georg, welche die Wichtigkeit dieser Wunschklinik bestätigten, dem Arbeitskreis-Gesundheit, welcher die Verhandlungen mit der Kasse führte und auch an die Krankenkasse für ihr Einlenken.

25.05.17

Uns stellen sich die Nackenhaare auf

Eine bessere Frau hätte Robert nicht finden können, da hat er einen wirklichen Grund zum Lächeln. Hier bedeckt noch ein Pflaster das ehemalige Loch der Trachealkanüle, welches aber bald nicht mehr benötigt wird. Am 18.05.17, als sich Robert zum ersten Mal mit anderen Betroffenen in der neuen Rehaklinik unterhalten hat, erzählte er auch das erste Mal von seinem Unfall.

Wir waren darauf in keinster Weise vorbereitet und die Situation lies uns einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen. Wir waren mit Robert auf der Terrasse, wo sich noch weitere Patienten aufhielten. Ein junger „Bewohner“ der Reha fragte Robert, weshalb er denn hier sei und ob er auch einen Unfall hatte. Robert sagte ja und nach einer kurzen Pause erzählte er, dass er einen LKW überholte und dieser ihn abgedrängt hatte, worauf er von der Straße abkam und gegen einen Baum krachte.

Nach dem wir uns von diesem „Schock“ erholten, hatten wir Robert zu weiteren Einzelheiten befragt und dies auch im Video aufgezeichnet. Robert gab an, dass der LKW, ein Sattelzug, mit 70 KMH fuhr und ohne zu blinken ausscherte, als Robert neben ihm war. Er sagte im Anschluss, ich hatte aber Glück - ich lebe noch! Roberts Aussage deckt sich mit der Aussage des Zeugen und das Handeln, besser gesagt das Nichthandeln der Polizei, ist daher absolut unverständlich und nicht nachvollziehbar. Wir haben nun einen Anwalt mit der Klärung beauftragt.

04.06.17

Durch dick & dünn

Dem Schicksal einfach mal den Finger, oder auch die Zunge zeigen, das haben beide sich verdient. Das Pflaster ist ab und wie man sieht, sieht man fast nichts. Chapeau für den Meister der Nähnadel.

10.06.17

Der Gewinner

Mit der großen Schwester „Vier gewinnt“ spielen und meistens auch gewinnen. Und selbst wenn Robert mal verliert, hat er am Ende doch gewonnen. Roberts Hirnleistungen kommen auf Touren und werden immer besser. Es kommen mehr und mehr Erinnerungen zurück und auch sein Kurzzeitgedächtnis wird besser. Er kann noch Englisch, seine Grammatik ist tadellos, er ist immer höflich und gut gelaunt, er rechnet + / - / x / : und auch %.

Vorbereitungen

10.06.17 – Um Laufen zu lernen bedarf es vieler Vorbereitungen. Die Beweglichkeit der Fußgelenke muss trainiert werden, ...

Ein Ziel vor Augen

10.06.17 – ... die Beinmuskulatur muss gestärkt werden. Wir fragen Robert immer, ob er trotz Tagestherapien noch etwas üben will, seine Antwort dürfte klar erkennbar sein.