Tipps für Angehörige

Diese Tipps sind keine „Profitipps“, sondern einfach nur Tipps von Angehörigen für Angehörige und entspringen unseren eigenen Erfahrungen. Da jede Hirnverletzung und jeder Betroffene in seinem Wesen einzigartig ist, können unsere Tipps nicht grundsätzlich über alles und jeden gestülpt werden! Auch die Ärzte werden daher keine genaue Prognose abgeben können und ihr solltet, auch wenn es schwer fällt, Verständnis dafür zeigen. Grundsätzlich gilt, von 0 -100 ist alles möglich und das was gerade ist, kann für immer bleiben. Deshalb freut euch über jeden Tag mit Verbesserungen und schöpft Kraft aus solchen Tagen. Hört auf euer Herz und bitte nicht gleich alles überbewerten!



Unsere Tipps

Auf Anraten der Ärzte haben wir ein Unfalltagebuch (Bilder & Video) geführt. Da keiner vorhersagen kann wie sich die Situation entwickelt, ist der Anfang eines solchen Tagebuchs eine große Überwindung, denn man bekommt ein sehr beklemmendes Gefühl, wenn man seinen Liebsten in dieser schrecklichen Situation aufnimmt, wie ein Paparazzi seinen Sensationspromi. Doch mit dem Hintergrundwissen, dass man selbst und der Betroffene, wenn er eine erfolgreiche Genesung beschreitet, das Geschehene besser aufarbeiten kann, wird es erträglicher. Und wenn man, so wie es in unserem Fall der Fall war, erfreuliche Fortschritte sieht, geht es deutlich leichter von der Hand. Im Übrigen kann eine Aufzeichnung eine gute Hilfe gegenüber den Kassen sein, sollte es Probleme mit einer Rehaverlängerung geben.

Versucht so oft es geht bei eurem Betroffenen zu sein, aber überfordert ihn dabei nicht. Sprecht ruhig und gönnt ihm Pausen. Solltet ihr zu mehreren bei ihm sein, sprecht einzeln, nicht durcheinander. Wenn ihr ihn berührt, sagt ihm vorher, dass ihr ihn berührt und wo ihr ihn berührt. Auch hier gilt, immer nur einzeln, also immer nur eine Berührung. Sprecht ihr durcheinander, oder berührt ihn ohne vorherigen Hinweis und/oder an mehreren Stellen gleichzeitig, so kann der Betroffene dies nicht zuordnen, was im Umkehrschluss Stress für ihn bedeutet.

Bringt eurem Betroffenen, ihm bekannte Gerüche mit. Robert hatte vom ersten Tag an ein Tuch, welches mit dem Parfüm seiner Frau eingesprüht war, bei sich. Ebenso sollte ein Foto, bei Robert war es das Hochzeitsfoto, in seiner sichtbaren Nähe sein. Sollte er aufwachen, kann das Foto etwas beruhigen, denn er weiß nicht wo er ist. Auch vertraute Musik ist hilfreich, aber nicht zu laut. Bei Robert war es die Musik vom Hochzeitstanz. Sprecht dies jedoch alles vorher mit den Ärzten ab, insbesondere auf der Intensivstation. In der Frühreha haben wir Robert einen digitalen Bildschirm (Foto & Video) aufgestellt, der ihn bis heute begleitet.

Achtet auf Signale. Bei Robert beispielsweise konnten 5 Ärzte im Zimmer sein und reden, es gab keine Reaktion. Waren aber die vertrauten Stimmen seiner Familie zu hören, ging sein Puls nach oben und die Geräte schlugen aus. Achtet auf Bewegungen und Reaktionen, aber nicht alles sofort überbewerten, denn es kann auch nur ein einfaches Muskelzucken sein. Sucht den Kontakt zu den Pflegern, denn diese haben in der Regel mehr Kontakt zu den Patienten als die Ärzte. Sollte der Betroffene bei euch Reaktionen zeigen, teilt es den Ärzten mit. Auch hier ist die Videoaufzeichnung vorteilhaft.

Gebt euren Betroffenen Reize und übt mit ihm, auch wenn er sich im Koma befindet. Sprecht es aber immer mit der Ärzten ab! Ihr könnt beispielsweise seine Finger, Hände und Arme bewegen, aber immer mit vorheriger Ansage! Zum Beispiel: Ich bewege jetzt deinen kleinen Finger von der linken Hand, ich strecke den Finger, ich beuge den Finger. Ihr müsst immer daran denken, euer Betroffener hat keinerlei Orientierung und braucht eine genaue Beschreibung, damit er es zuordnen kann. Wenn der Kopf nicht in der Lage ist den Finger zu bewegen, dann muss man den umgekehrten Weg gehen, damit der Kopf eine Verbindung herstellen kann. Wenn die Möglichkeit besteht, könnt ihr ihm diese Übungen auch zusätzlich als Videosequenz, zwischen den Bildern auf den digitalen Bildschirm, einblenden. Aber in Maßen, nicht in Massen! Eine kurze Beschreibung hierzu findet ihr unter dem Link „Reha-Forschung“.

Wenn ihr die Möglichkeit habt persönliche Dinge eures Betroffenen aufzustellen, dann tut dies. Keiner weiß welche Eindrücke bei ihm ankommen, deshalb auch das Unmögliche in Betracht ziehen. Wir haben zum Beispiel Zahlen an die Wand geheftet und alle haben sich gefragt, was das soll. Für uns war die Erklärung einfach. Robert hatte schon als Kind gern gerechnet und in seinem Berufs-Leben immer wieder mit Zahlen zu tun. Zahlen waren ihm vertraut, also warum keine Zahlen an die Wand? Solange etwas nicht schadet, solange kann es nicht falsch sein!

Wenn ihr Fragen oder Tipps habt, könnt ihr uns jederzeit kontaktieren.